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Die deutsche Wirtschaft ist im dritten Quartal schwächer gewachsen als zunächst geschätzt und damit nur sehr knapp einer technischen Rezession entkommen. Die Wirtschaftsleistung legte zwischen Juli und September um 0,1 Prozent im Quartalsvergleich zu, wie das Statistische Bundesamt in Wiesbaden am Freitag mitteilte. Ende Oktober hatte die Behörde noch ein Plus von 0,2 Prozent prognostiziert. Experten sehen die deutsche Konjunktur in der Stagnation gefangen.
Im zweiten Quartal war das Bruttoinlandsprodukt (BIP) um 0,3 Prozent zurückgegangen, im ersten Quartal hatte es ein Plus von 0,2 Prozent gegeben. Damit entkam Deutschland nun nur knapp einer Sommerrezession. Nach der verhaltenen Entwicklung in der ersten Jahreshälfte sei die Konjunktur aber "mit einem kleinen Plus in das zweite Halbjahr" gestartet, führte das Statistikamt aus.
Zu verdanken ist das leichte Wachstum des Bruttoinlandsprodukts vor allem dem Konsum: Die privaten Konsumausgaben stiegen preis-, saison- und kalenderbereinigt im dritten Quartal um 0,3 Prozent im Vergleich zum Vorquartal an. Auch der Staatskonsum legte um 0,4 Prozent zu. Die Investitionen gingen hingegen zurück, unter anderem in Ausrüstungen und Bauten, wie die Statistiker ausführten.
Im internationalen Vergleich liegt Deutschland damit unter dem europäischen Durchschnitt. So wuchs das BIP in der gesamten EU im Quartalsvergleich um 0,3 Prozent, in Spanien waren es sogar 0,8 Prozent und in Frankreich 0,4 Prozent. In den USA gab es ein Plus von 0,7 Prozent. Im Vorjahresvergleich war der Unterschied noch deutlicher - hier schrumpfte das deutsche BIP um 0,3 Prozent, in der gesamten EU stieg es um 1,0 Prozent.
Die deutsche Wirtschaft habe "noch nicht den Absprung aus der langen Stagnation geschafft", ordnete der wissenschaftliche Direktor des Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) der Hans-Böckler-Stiftung, Sebastian Dullien, die Zahlen ein. Das Plus beim Privatkonsum sei "noch sehr bescheiden", die Investitionen schwach. Das Plus im dritten Quartal dürfte "nur ein Ausreißer, nicht aber eine Trendwende" sein. Das BIP werde voraussichtlich 2024 um etwa 0,2 Prozent schrumpfen, erst kommendes Jahr sei wieder mit einer Erholung zu rechnen.
Auch der ING-Analyst Carsten Brzeski sieht in den Zahlen kein "Zeichen eines Aufschwungs", sondern die Bestätigung dafür, dass die deutsche Konjunktur "in der Stagnation feststeckt". Eine rasche Wende sei nicht zu erwarten, erklärte er mit Blick auf anhaltende strukturelle Probleme, den Zusammenbruch der Regierungskoalition, die Konkurrenz aus China sowie die kommende US-Präsidentschaft. Es drohe daher eine "Winterrezession" und es komme nun vor allem auf Maßnahmen der nächsten Bundesregierung an.
Der Außenhandel zeigte sich zuletzt "zweigeteilt", wie die Statistiker in Wiesbaden weiter ausführten: So wurden im dritten Quartal preis-, saison- und kalenderbereinigt 1,9 Prozent weniger Waren und Dienstleistungen exportiert, die Importe stiegen hingegen leicht um 0,2 Prozent an.
Für den Monat Oktober veröffentlichte das Statistikamt auch Zahlen für den Export in Drittstaaten: Sie hatten vergangenen Monat einen Umfang von 55,1 Milliarden Euro - das waren 6,9 Prozent weniger als im September und 6,5 Prozent weniger als vor einem Jahr. Vor allem in die USA und nach China sanken die Ausfuhren deutlich.
Der Großhandelsverband BGA schlug Alarm: "Die Nachfrage nach deutschen Produkten bei unseren größten Handelspartnern USA und China sinkt, die Verunsicherung der Unternehmen steigt angesichts der politischen Turbulenzen noch weiter", erklärte BGA-Präsident Dirk Jandura. "Wir brauchen dringend ein politisches Signal." Die nächste Bundesregierung müsse eine "grundlegende Kursänderung in ihrer Wirtschaftspolitik vornehmen".
I.Khan--DT