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Wenn ein Flugzeug im Winter vor dem Start enteist werden muss, ist das nicht automatisch ein außergewöhnlicher Umstand im Sinne der europäischen Fluggastrechteverordnung. Bei einer deutlichen Verspätung steht Passagieren also eine Entschädigung zu, wie der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe in einem am Donnerstag veröffentlichten Beschluss entschied. Das gelte jedenfalls für Regionen, in denen mit winterlichen Temperaturen zu rechnen ist. (Az. X ZR 146/23)
Es ging um einen Rechtsstreit zwischen der niederländischen Fluggesellschaft KLM und dem Fluggastrechte-Portal Flightright, dem eine Passagierin ihre Ansprüche abgetreten hatte. Die Frau wollte im Dezember 2021 von Minneapolis in den USA über Amsterdam nach Düsseldorf fliegen.
In Minneapolis musste das Flugzeug enteist werden. Es startete mit Verspätung. Die Frau verspasste ihren Anschlussflug in Amsterdam und erreichte Düsseldorf mit einer Verspätung von knapp unter vier Stunden. Von KLM forderte Fligthright zunächst außergerichtlich eine Ausgleichszahlung, die Airline berief sich aber auf außergewöhnliche Umstände, weswegen sie nicht zahlen müsse.
Daraufhin zog Flightright vor Gericht und forderte zuletzt noch 300 Euro Entschädigung. Vor dem Amtsgericht Düsseldorf hatte die Klage Erfolg, in der Berufung vor dem Landgericht wurde sie aber abgewiesen. Der BGH prüfte das Urteil und entschied nun, dass die Airline die 300 Euro zahlen muss.
Die Enteisung eines Flugzeugs gehöre bei winterlichen Temperaturen grundsätzlich zur normalen Tätigkeit einer Fluggesellschaft, erklärte der BGH. Sie diene dazu, einen technisch einwandfreien und betriebssicheren Zustand des Flugzeugs sicherzustellen.
Maschinen, die im Dezember in Minneapolis starteten, müssten nicht immer enteist werden. Die Entscheidung hänge vom Wetter und der Einschätzung des Piloten ab. Typischerweise müsse damit gerechnet werden, dass eine Enteisung notwendig sei.
I.Khan--DT