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Der erste Streik seit 2008 hat die Flugzeug-Produktion des US-Herstellers Boeing in großen Teilen lahmgelegt. Der Streik begann in der Nacht zum Freitag, nachdem die Gewerkschaftsmitglieder in den Boeing-Werken in der Region um Seattle mit großer Mehrheit für den Arbeitskampf gestimmt hatten. Das bereits ausgehandelte Angebot des Arbeitgebers von 25 Prozent mehr Lohn lehnten sie mit 94,6 Prozent der Stimmen ab, sogar 96 Prozent der Gewerkschaftsmitglieder stimmten für den Streik.
Der Arbeitskampf legte ab Freitagmorgen die beiden großen Montagewerke in Renton und Everett lahm, in denen die Modelle 737 MAX, 777 und 767 (Fracht- und Tankflugzeugversion) hergestellt werden. Die Produktion an anderen Standorten, einschließlich einer Ersatzteilfabrik im nahe gelegenen Portland, stand ebenfalls still, ebenso die Nachbearbeitung von dutzenden von 787 Dreamlinern in Everett. Die Montage des Dreamliners war hingegen zunächst nicht gestört, da das Werk in South Carolina nicht unter den Tarifvertrag fällt.
Der letzte Streik bei Boeing 2008 dauerte damals 57 Tage. Seitdem galt auch der Tarifvertrag, der am Donnerstag auslief und um dessen Nachfolgeregelung seit Monaten zwischen Unternehmensführung und der Gewerkschaft IAM gerungen wird. Die Forderungen der Belegschaft, um die Verluste der vergangenen Jahre aufzuholen, sind groß: 40 Prozent mehr Geld, die Wiedereinführung von Pensionssystemen.
Vor einigen Tagen dann gelang eine Einigung auf 25 Prozent mehr Lohn gestreckt auf vier Jahre. Außerdem versprach Boeing hohe Investitionen in der Region: In Seattle und Umgebung soll ein neues Flugzeugmodell gebaut werden, was auf Jahre Arbeitsplätze sichern würde. Die Gewerkschaft empfahl die Annahme der Einigung.
Schnell zeichnete sich aber Unmut und Kritik an der Einigung ab, vielen ging das Erreichte nicht weit genug. Außerdem sitzt der Frust über Vergütungen in Millionenhöhe für die früheren Boeing-Chefs Dennis Muilenburg und Dave Calhoun tief. Am Donnerstag waren dann die 33.000 von IAM vertretenen Beschäftigten dazu aufgerufen, über die Einigung und gleichzeitig einen Arbeitskampf abzustimmen. Insgesamt beschäftigt Boeing 170.000 Menschen.
Ihre Mitglieder hätten sich "laut und deutlich" geäußert, sagte der IAM-Bezirksvorsitzende Jon Holden anschließend. Er habe die erzielte Vereinbarung zunächst als das Beste angesehen, was ohne Streiks habe erreicht werden können. Die "wahre Macht" in der Gewerkschaft liege aber bei den Beschäftigten. Analysten zufolge könnte ein Streik von zum Beispiel 50 Tagen Boeing bis zu 3,5 Milliarden Dollar kosten.
Boeing zeigte sich trotz des Streiks weiter verhandlungsbereit. "Wir sind weiterhin entschlossen, die Beziehung zu unseren Beschäftigten und der Gewerkschaft neu zu gestalten", hieß es in einer Erklärung. Boeing sei bereit, sich "wieder an den Verhandlungstisch zu setzen, um eine neue Einigung zu erzielen".
Im Vorfeld der Abstimmung hatte das Unternehmen noch betont, "das Maximum gegeben" zu haben. Der neue Boeing-Chef Kelly Ortberg warnte, ein Streik könne die Erholung des Unternehmens gefährden, das gerade "eine schwierige Zeit durchmacht".
Boeing schrieb zuletzt tiefrote Zahlen und ist mit 60 Milliarden Dollar (54 Milliarden Euro) verschuldet. Die Führung steht zudem wegen einer Reihe von technischen Problemen unter Druck. Außerdem gab es Berichte von Informanten über Mängel bei der Produktion sowie der Qualitätskontrolle.
G.Koya--DT