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Neun Jahre nach Auffliegen des Dieselabgasskandals hat der Strafprozess gegen den damaligen Volkswagen-Chef Martin Winterkorn begonnen. Der 77-Jährige erschien am Dienstag vor dem Landgericht Braunschweig. Dort muss er sich wegen Vorwürfen des gewerbs- und bandenmäßigen Betrugs, der uneidlichen Falschaussage sowie der Marktmanipulation verantworten. Das Gericht bündelte dazu drei unterschiedliche Anklagen, die alle im Zusammenhang mit eingebauter Schummelsoftware in Dieselmotoren stehen. (Az. 16 KLs 75/19)
Bei Ankunft am Gericht zeigte sich Winterkorn zurückhaltend und äußerte sich nur knapp. Es gehe ihm "ganz gut", sagte er vor Journalistinnen und Journalisten. Danach befragt, wie er auf sein Lebenswerk blicke sagte er: "Wenn ich die schönen Autos sehe, ganz gern." Vor Gericht äußern werde er sich am Dienstag nicht.
Winterkorn war von 2007 bis 2015 VW-Chef und trat im Zuge des Abgasskandals zurück. Das Unternehmen musste damals nach Ermittlungen von US-Behörden einräumen, in Millionen Dieselfahrzeugen weltweit eine illegale Abschalteinrichtung eingebaut zu haben. So wurden die Grenzwerte für Stickoxid auf dem Prüfstand eingehalten, nicht aber im realen Betrieb auf der Straße. Die Fahrzeuge hätten nicht zugelassen werden dürfen.
Winterkorn sollte im Herbst 2021 schon einmal gemeinsam mit vier weiteren früheren Führungskräften des Konzerns vor Gericht erscheinen. Der damalige Prozess wurde dann allerdings aus gesundheitlichen Gründen abgetrennt und verschoben. Beide Verfahren laufen unabhängig voneinander, die Kammer führt eine eigene Beweisaufnahme.
Aus dem Volkswagen-Konzern hieß es im Vorfeld des Prozessbeginns, das Verfahren werde beobachtet. "Jedoch gehen wir nicht davon aus, dass relevante neue Erkenntnisse daraus erwachsen werden", sagte ein Sprecher und verwies zugleich darauf, dass der Konzern nicht verfahrensbeteiligt sei. VW erwarte außerdem, "dass die Gerichte bestätigen werden, dass das Unternehmen seine Publizitätspflichten ordnungsgemäß erfüllt hat".
Winterkorn drohen bei einem Schuldspruch mehrere Jahre Haft. Schwer wiegt demnach vor allem der Vorwurf des gewerbsmäßigen und bandenmäßigen Betrugs, der mit einer Gefängnisstrafe von bis zu zehn Jahren geahndet werden kann. "Am Ende steht über allem die Frage des möglichen Zeitpunkts einer Kenntnis von Winterkorn bei der Verwendung einer unerlaubten Abschalteinrichtung", führte ein Gerichtssprecher aus.
Der Prozessstoff und der Umfang der Anklagen seien insgesamt "außergewöhnlich umfangreich", sagte er weiter. Bis zum September kommenden Jahres sind rund 90 Verhandlungstermine angesetzt.
A.Ansari--DT