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Nach der Eskalation bei Thyssenkrupp im Streit um die Zukunft der Stahlsparte hat die Bundesregierung die Konzernführung kritisiert. "Wir erwarten, dass die Verantwortlichen dort zu ihren eigentlichen Aufgaben zurückfinden", sagte ein Sprecher des Bundeswirtschaftsministeriums am Freitag. Sie müssten "Verantwortung übernehmen, für das Unternehmen, für die Beschäftigten" und auch für die Zukunft seiner Stahlsparte.
Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) hatte sich zuvor bereits beunruhigt gezeigt. "Die Situation bei Thyssenkrupp hat sich auf allen Seiten sehr unversöhnlich zugespitzt", sagte er der "Rheinischen Post" aus Düsseldorf. "Das ist kein guter Zustand."
Am Donnerstagabend hatten nach einer Aufsichtsratssitzung von Thyssenkrupp Steel die Spitzen sowohl des Aufsichtsrats als auch des Vorstands der Thyssenkrupp-Tochter ihren Rücktritt angekündigt. Aufsichtsratschef Sigmar Gabriel machte dem Chef des Gesamtkonzerns, Miguel López, schwere Vorwürfe. Dieser habe in den vergangenen Wochen eine "beispiellose Kampagne" gegen den Vorstand der Stahlsparte betrieben.
López hatte den Vorstand der Stahlsparte, Bernhard Osburg, öffentlich kritisiert: Er müsse "endlich einen langfristig tragfähigen, soliden und finanzierbaren Businessplan für die Neuausrichtung" erstellen. Thyssenkrupp treibt die Abspaltung der kriselnden Stahltochter voran. Osburg und auch Gabriel sollten dieses Vorhaben gestalten und begleiten.
Mittlerweile wurden 20 Prozent der Stahltochter an die Firma EPCG des tschechischen Milliardärs Daniel Kretinsky verkauft. Geplant ist, weitere 30 Prozent an EPCG abzutreten. Streit gibt es vor allem darüber, wie viel Geld die Sparte noch vom Mutterkonzern erhalten soll. Arbeitnehmervertreter warnen außerdem seit Monaten vor einem möglichen Stellenabbau wegen der geplanten Restrukturierung.
Osburg sowie die weiteren Vorstandsmitglieder der Sparte, Markus Grolms und Heike Denecke-Arnold, legten am Donnerstag ihre Mandate nieder. Thyssenkrupp Steel erklärte, die verbleibenden Vorstandsmitglieder Dennis Grimm und Philipp Conze würden die Geschäfte weiterführen. "Die Nachbesetzung der vakanten Positionen wird in einem strukturierten Prozess zeitnah erfolgen", teilte das Unternehmen mit.
Der Betriebsratsvorsitzende von Thyssenkrupp Steel in Duisburg, Ali Güzel, kritisierte Konzernchef López. "Das ist der Essener Vorstand, der uns hier reingetrieben hat", sagte er dem WDR. Mit Osburg, Grolms und Denecke-Arnold habe Lópz drei Fachleute "eliminiert", die eine gute Vorstellung für die selbstständige Zukunft der Stahlsparte entwickelt hätten.
Aufsichtsratschef Gabriel prangerte einen "schweren Vertrauensbruch" an und machte auch dem Aufsichtsratschef vom Gesamtkonzern, Siegfried Russwurm, Vorwürfe. Mit dem Stahl-Vorstand habe er gerne zusammengearbeitet, aber in Essen werde die Vision einer erfolgreichen, selbstständigen Stahlsparte offenbar nicht mehr weiterverfolgt. "Ein verantwortungsvolles Handeln als Aufsichtsräte ist unter diesen Bedingungen für uns nicht mehr möglich."
Der Staat hat Thyssenkrupp Steel zwei Milliarden Euro für die Umstellung auf grünen Stahl in Aussicht gestellt. Das Unternehmen müsse aber seine im Gegenzug vereinbarten Zusagen einhalten, sagte der Sprecher des Wirtschaftsministeriums. Die Unternehmensseite müsse "ihren Teil beitragen, damit die Transformation gelingt und eine zukunftsfähige Stahlproduktion am Wirtschaftsstandort Deutschland gesichert wird", sagte Habeck.
A.Hussain--DT