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Im Sportwetten-Streit zwischen Tipico und einem Spieler vor dem Bundesgerichtshof (BGH) ist die endgültige Entscheidung aufgeschoben. Die Richterinnen und Richter in Karlsruhe setzten das Verfahren am Donnerstag aus und legten dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) Fragen vor. In dem Rechtsstreit geht es darum, ob Tipico dem Spieler verlorene Wetteinsätze aus der Zeit vor 2021 erstatten muss. (Az. I ZR 90/23)
Sobald der BGH grundsätzlich entschieden hat, dürfte sich das auf viele weitere Fälle auswirken: Allein die Berliner Rechtsanwaltskanzlei Goldenstein vertritt nach eigenen Angaben mehr als 4500 Mandanten bei der Rückforderung von Spiel- oder Wettverlusten. Der Rechtsdienstleister Gamesright, der den aktuellen Rechtsstreit finanziert, stellt sich auf tausende Verfahren in den kommenden Jahren ein. Zwei ähnliche Verfahren, die in Karlsruhe liegen, wurden nun ebenfalls bis zu einer EuGH-Entscheidung ausgesetzt.
Es geht nur um die Zeit vor 2021, vor dem neuen Glücksspielstaatsvertrag. Die Jahre zwischen 2012 und 2020 fallen in einen Experimentierzeitraum. Nach dem Ende des staatlichen Sportwettenmonopols sollten private Anbieter erstmals die Möglichkeit bekommen, Online-Sportwetten anzubieten. Allerdings durften die Länder sie nur erlauben, wenn die Anbieter eine Konzession in Deutschland hatten. Die bekamen sie zunächst nicht.
So ging es auch Tipico mit Sitz in Malta. Der Anbieter hatte die Konzession in Deutschland beantragt, sie aber damals noch nicht erhalten. Das Verfahren zog sich über Jahre, die deutsche Lizenz gab es erst im Oktober 2020. Eine maltesische Erlaubnis hatte Tipico allerdings.
Der EuGH befasste sich damals mit der deutschen Praxis und entschied 2016 in einem anderen Fall, dass Anbieter nicht bestraft werden dürften, da es in Deutschland kein legales Verfahren für die Erteilung einer solchen Konzession gab. Das verbiete die Dienstleistungsfreiheit.
Um solche strafrechtlichen Folgen geht es im aktuellen Fall aber nicht, sondern um zivilrechtliche Ansprüche eines Spielers. Er machte zwischen 2013 und 2018 bei Sportwetten mit und verlor Geld. Nun fordert er insgesamt 3700 Euro zurück.
Der BGH neigt zwar dazu, Verträge zwischen Spielern und Anbietern aus dieser Zeit für nichtig anzusehen, wie der Vorsitzende Richter Thomas Koch sagte. Dann müssten verlorene Einsätze zurückerstattet werden. Der BGH ist sich aber nicht sicher, ob das mit dem EU-Recht vereinbar ist. Darum fragte er den EuGH danach. Er entscheidet in dem Fall, wenn der EuGH die Fragen beantwortet hat.
Gamesright zeigte sich am Donnerstag optimistisch. "Auch wenn wir heute keine endgültige Entscheidung erhalten haben, sind wir zuversichtlich, dass die Klärung auf europäischer Ebene die nötige Rechtssicherheit für alle Beteiligten bringen wird", erklärte Mitgründer Hannes Beuck.
Ähnlich positiv äußerte sich die andere Seite. "Die Klärung der Rechtslage kommt allen Beteiligten zugute und wird durch die heutige Entscheidung des BGH beschleunigt", erklärte der Rechtsanwalt Ronald Reichert, der Tipico in dem Fall vertritt.
Für den Deutschen Sportwettenverband teilte dessen Präsident Mathias Dahms mit: "Wir sind zuversichtlich, dass der EuGH im Sinne der Anbieter und der europäischen Dienstleistungsfreiheit entscheiden wird, wie er es bereits in der Vergangenheit getan hat."
F.Saeed--DT