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Vertreterinnen und Vertreter von Wirtschaft und Zivilgesellschaft haben in einem offenen Brief die Umsetzung der Koalitionspläne zur sogenannten Familienstartzeit gefordert. Dabei geht es um eine vergütete zweiwöchige Freistellung nach der Geburt eines Kindes für Väter, zweite Elternteile oder Vertrauenspersonen Alleinerziehender. Bundesfamilienministerin Lisa Paus (Grüne) begrüßte den Vorstoß am Donnerstag, ihr Ministerium verwies aber auf Vorbehalte des Finanzressorts von Christian Lindner (FDP).
"Die bezahlte Freistellung stärkt die Bindung des zweiten Elternteils zum neugeborenen Kind und unterstützt eine aktive Rolle der Väter bei der Betreuung und Erziehung ihrer Kinder von Anfang an", heißt es in dem offenen Brief an Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD). Dies sei "ein wichtiger Impuls für eine partnerschaftliche Aufteilung von Erwerbs- und Sorgearbeit in der frühen Phase der Familiengründung". Zudem erhöhe "eine egalitärere Verteilung der unbezahlten Sorgearbeit" die Erwerbsbeteiligung von Frauen stärker, als sie diejenige von Männern verringere.
"Bringen Sie die angekündigte Familienstartzeit endlich auf den Weg, damit diese wichtige gleichstellungs- und familienpolitische Maßnahme noch in diesem Jahr in Kraft treten kann", fordern die Unterzeichnerinnen und Unterzeichner den Kanzler auf. Darunter sind das Zukunftsforum Familie, mehrere große Sozialverbände, Vereinigungen von Berufsgruppen und kirchliche Verbände sowie Unternehmen wie BNP Paribas, die Funke Mediengruppe, die Henkel AG, Pflege- und Gesundheitseinrichtungen.
"Das Bundesfamilienministerium unterstützt die Initiative der Verbände und Unternehmen ausdrücklich", erklärte Paus. Die Familienstartzeit könne "nicht nur für junge Eltern, sondern auch für Unternehmen einen echten Mehrwert schaffen". Sie trage zur besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf bei und damit auch "zur Sicherung des Arbeits- und Fachkräftebedarfs". Laut Familienministerium hängt der betreffende Referentenentwurf bereits seit mehr als einem Jahr in der regierungsinternen Ressortabstimmung fest.
Das Vorhaben ist im Koalitionsvertrag der Ampel-Parteien festgelegt. Die FDP meldete später jedoch Vorbehalte an, da Belastungen für Unternehmen vermieden werden sollten. Diese müssten die Gehaltsfortzahlung während der Familienstartzeit den Plänen zufolge über ein Umlageverfahren bezahlen. Dieses Verfahren wird bereits beim Mutterschutz angewandt. Regelungen für eine bezahlte Freistellung von Vätern gibt es auch in mehreren anderen europäischen Ländern.
Der offene Brief solle deutlich machen, dass FDP und einige Arbeitgeberverbände "nicht den Anspruch erheben können, die Meinung der Gesamtwirtschaft darzustellen", erklärte das Zukunftsforum Familie. Das Signal müsse sein: "Mit der Geburt eines Kindes sind beide Eltern für den Familienalltag zuständig und das kann dann auch bei beiden dazu führen, dass die Erwerbsarbeit phasenweise zurückstehen muss", erklärte die evangelische Arbeitsgemeinschaft Familie. Einige der unterzeichnenden Unternehmen wiesen darauf hin, dass sie bereits in Eigeninitiative solche Regelungen eingeführt haben und finanzieren.
A.Al-Mehrazi--DT