EUR/USD
0.0004
Die Europäische Zentralbank (EZB) hat ihre Leitzinsen noch einmal unverändert gelassen - zugleich aber die Tür für eine baldige Zinssenkung geöffnet. Der zentrale Leitzins, zu dem sich Geschäftsbanken Geld bei der EZB leihen können, bleibt nach der Ratssitzung vom Donnerstag auf dem Rekordhoch von 4,5 Prozent, wie die Notenbank mitteilte. Experten rechnen bei der nächsten EZB-Sitzung im Juni mit Zinssenkungen.
Die Inflation sei weiter zurückgegangen, was vor allem dem schwächeren Preisauftrieb bei Nahrungsmitteln und Waren zuzuschreiben sei, teilte die Notenbank nach der Sitzung des EZB-Rats in Frankfurt am Main mit. Die bisherigen Zinserhöhungen dämpften weiterhin die Nachfrage, was zum Rückgang der Inflation beitrage. Wegen des "kräftigen binnenwirtschaftlichen Preisdrucks" sei die Teuerung bei Dienstleistungen aber weiterhin hoch.
Die Teuerung in der Eurozone hatte sich im März insgesamt auf 2,4 Prozent abgeschwächt - die EZB strebt 2,0 Prozent an und ist "entschlossen", für eine zeitnahe Rückkehr zu diesem mittelfristigen Ziel zu sorgen. Sollte die EZB allerdings zu der Beurteilung gelangen, "dass die Inflation sich nachhaltig dem Zielwert annähert, wäre eine Lockerung der aktuellen geldpolitischen Straffung angemessen", hieß es in der Mitteilung weiter. Damit deuteten die Notenbanker explizit baldige Zinssenkungen an.
Dies sei "das erste Mal, dass die EZB in ihrer offiziellen Ankündigung über Zinssenkungen spricht", analysierte der ING-Experte Carsten Brzeski die Entscheidung. Auch wenn Juni nicht ausdrücklich als Zeitpunkt genannt werde, "dürfte die heutige Sitzung unseres Erachtens der letzte Halt vor der Senkung sein".
Die Notenbanker hatten die Leitzinsen seit Juli 2022 wegen der ausufernden Inflation zehn Mal in Folge erhöht. Im Oktober legten sie erstmals eine Pause ein, die sie am Donnerstag fortsetzten. Auch der Zinssatz zur kurzfristigen Beschaffung von Geld, der Spitzenrefinanzierungssatz, bleibt unverändert bei 4,75 Prozent. Der für Sparerinnen und Sparer interessante Einlagenzins verharrt auf seinem Allzeithoch von 4,0 Prozent.
Die Deutsche Industrie- und Handelskammer (DIHK) warnte, die Kerninflation verharre weiterhin bei über drei Prozent. Durch die "geopolitischen Risiken und das Lohnwachstum" könne die Teuerung in den nächsten Monaten "insgesamt sogar wieder anziehen", erklärte DIHK-Hauptgeschäftsführer Martin Wansleben. Ohnehin sei eine Wirtschaftswende nötig und das könne die EZB-Geldpolitik nicht richten. "Verbesserungen bei den Investitionsbedingungen am Standort Deutschland sind dringend erforderlich."
H.El-Hassany--DT