Goldpreis
-43.7000
Landwirte in der EU können für weitere zehn Jahre mit einer Zulassung für den Unkrautvernichter Glyphosat rechnen. Die EU-Kommission kündigte am Donnerstag an, den Einsatz des Mittels bis 2033 zu erlauben. Vertreterinnen und Vertreter der Mitgliedstaaten konnten sich zuvor erneut nicht auf eine gemeinsame Position zu dem Vorschlag der Kommission einigen - nach geltendem EU-Recht kann die Behörde dann im Alleingang entscheiden.
Deutschland hatte sich in den Verhandlungen enthalten, weil sich die Ampelkoalition nicht auf eine gemeinsame Position einigen konnte. Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir (Grüne) erklärte, er hätte gern "gemäß unserer Koalitionsvereinbarung" mit einem klaren Nein gestimmt.
Er kritisierte, die EU-Kommission müsse den Willen der Mitgliedstaaten in ihre Entscheidung zumindest einbeziehen. "Man reibt sich schon die Augen, dass die Kommission ihren Plan für eine zehnjährige Verlängerung von Glyphosat weiter durchziehen will", erklärte Özdemir. Er kündigte an, eine möglichst strenge nationale Umsetzung der Zulassung aus Brüssel zu prüfen.
Der agrarpolitische Sprecher der FDP im Bundestag, Gero Hocker, begrüßte die Entscheidung der EU-Kommission als "Sieg für Umweltschutz und Landwirtschaft". Wissenschaftliche Erkenntnisse hätten sich damit durchgesetzt.
Laut Vorschlag der EU-Kommission wird die Verwendung von Glyphosat künftig an mehrere Bedingungen geknüpft. Unter anderem sollen Landwirte mindestens fünf Meter breite Pufferstreifen einhalten. Die Mitgliedstaaten sollen zudem Menge und Häufigkeit für den Einsatz des Mittels beschränken können.
Umweltorganisationen riefen die Behörde auf, ihren Entwurf zurückzunehmen. "Es ist nicht hinnehmbar, dass die Kommission angesichts der zahlreichen gesundheitlichen Auswirkungen des Mittels trotzdem an ihrem Vorschlag festhält", erklärte etwa Natacha Cingotti von der Organisation Health and Environment Alliance. Greenpeace sprach von einem "schwarzen Tag für die Artenvielfalt". Die EU opfere den Schutz von Mensch, Umwelt und Artenvielfalt den wirtschaftlichen Interessen von Agrarkonzernen.
Glyphosat kann die Umwelt beeinträchtigen und steht im Verdacht, krebserregend zu wirken. Verbraucher- und Umweltorganisationen protestieren deshalb seit Jahren gegen den Einsatz des Unkrautvernichters.
Weltweit ist Glyphosat der am meisten verwendete Inhaltsstoff in Pestiziden und steckt vor allem in Unkrautbekämpfungsmitteln wie dem Mittel Roundup des Herstellers Bayer. Der Konzern begrüßte die Entscheidung der Kommission für eine Neuzulassung. Landwirten in der EU stehe damit weiter eine "wichtige Technologie" zur Verfügung.
Neben Deutschland enthielten sich am Donnerstag nach Diplomatenangaben sechs weitere Mitgliedsländer, darunter Frankreich und die Niederlande. Österreich, Luxemburg und Kroatien lehnten eine Neuzulassung ab. Damit gab es im Berufungsausschuss weder eine Mehrheit für den Vorschlag der Kommission - noch eine dagegen.
Frankreich hatte sich zuletzt noch für Änderungen an dem Text eingesetzt. Paris wollte unter anderem erreichen, dass Glyphosat verboten wird, sobald eine Alternative auf dem Markt ist. Das Landwirtschaftsministerium in Paris erklärte am Donnerstag, die Regierung bedauere, dass die Vorschläge nicht berücksichtigt wurden.
Für eine Entscheidung unter den Mitgliedstaaten wird eine sogenannte qualifizierte Mehrheit benötigt. Dafür müssen mindestens 15 der 27 Mitgliedstaaten zustimmen, die zusammen mindestens 65 Prozent der Bevölkerung ausmachen. Die Stimmen bevölkerungsreicher EU-Länder wie Deutschland und Frankreich fallen also stärker ins Gewicht. Nach einem Patt im Berufungsausschuss sieht das EU-Recht vor, dass die Kommission im Alleingang entscheidet. Die aktuelle Zulassung für Glyphosat läuft zum 15. Dezember aus.
Y.Chaudhry--DT