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Die womöglich weltweit richtungsweisende Klimaklage eines peruanischen Andenbauers gegen den deutschen Energieriesen RWE hat eine weitere Etappe erreicht: Nach jahrelanger Verschiebung wegen der Corona-Pandemie sind Richter des Oberlandesgerichts (OLG) Hamm, Rechtsbeistände und Sachverständige zum Ortstermin in die Heimat von Kläger Saúl Luciano Lliuya gereist. Dort bedroht nach seinen Angaben ein schmelzender Gletscher sein Haus und die gesamte Umgebung. Als Mitverursacher der Erderwärmung soll RWE nach Willen des Klägers die Gegenmaßnahmen mitfinanzieren.
Eine neunköpfige Delegation reiste auf Anordnung des OLG Hamm in die Berge nahe der westperuanischen Stadt Huaraz. Die Richter, Anwälte und Experten machten sich dort ein Bild von den Risiken für die 12.000-Einwohner-Stadt durch das Abschmelzen des Palcacocha-Gletschers. Lliuya befürchtet, dass letztlich der Palcacocha-See über die Ufer tritt und seinen unterhalb des Gewässers liegenden Heimatort überflutet. Der Landwirt sieht seinen kleinen Hof mit Hühnern, Schafen, Mais- und Quinoa-Anbau bedroht.
"Die Frage ist für uns nicht, ob eine Flutwelle droht, sondern wann und wie schlimm sie uns trifft", zitierte Germanwatch den peruanischen Kläger in einer Erklärung zu dem Ortstermin. Lliuya, der seinen Lebensunterhalt außer mit Landwirtschaft auch als Touristenführer verdient, führt die Gletscherschmelze auf den Klimawandel zurück. Und zu diesem habe unter anderem der Essener RWE-Konzern beigetragen.
"Grundsätzlich haben sie die ganze Welt verschmutzt und mit dieser Klage versuchen wir, etwas zu unternehmen", sagte Lliuya der Nachrichtenagentur AFP. Er will in dem Zivilverfahren in Deutschland erreichen, dass RWE sich an den Kosten für den Schutz seines Hauses und von ganz Huaraz vor einer möglichen Überflutung beteiligt.
RWE ist in 27 Ländern aktiv, darunter Chile und Brasilien - in Peru allerdings nicht. Das Landgericht Essen hatte Lliuyas von der deutschen Umwelt- und Entwicklungsorganisation Germanwatch unterstützte Klage daher zurückgewiesen. RWE-Sprecher Guido Steffen äußerte sich gegenüber AFP "zuversichtlich", dass auch die Hammer Richter die Klage als unbegründet zurückweisen werden. Der Konzern argumentiert, dass er sich schließlich immer an staatliche Vorgaben für Treibhausgasemissionen gehalten habe und inzwischen das Ziel verfolge, bis 2040 CO2-neutral zu werden.
Lliuya hatte seine Klimaklage gegen RWE bereits im Jahr 2015 eingereicht, das Landgericht Essen wies sie im folgenden Jahr zurück. 2017 ließ das OLG Hamm aber eine Berufung zu und ordnete die Beweisaufnahme an, da die Klimaklage des Bauern schlüssig begründet sei. Eine Art Eilantrag von RWE gegen die Beweisaufnahme wies das OLG Hamm im Februar 2018 zurück.
Der Fall hatte international für Schlagzeilen gesorgt. In dem Verfahren geht nach Angaben von Umweltschützern erstmals ein Betroffener wegen der Gefahren des Klimawandels in Europa gerichtlich gegen ein CO2-verursachendes Unternehmen vor. "Der Fall ist schon jetzt ein weltweit relevanter Präzedenzfall", hob der politische Geschäftsführer von Germanwatch, Christoph Bals, am Freitag hervor. Wer andere durch große Mengen freigesetzter Treibhausgase schädige, trage Verantwortung dafür und dies "auch in der globalen Nachbarschaft".
W.Zhang--DT