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Mit eindringlichen Aufrufen zum Widerstand gegen Antisemitismus hat der Bundestag an die Opfer des Nationalsozialismus erinnert. Parlamentspräsidentin Bärbel Bas (SPD) betonte am Mittwoch in ihrer Rede an die Verantwortung aller, sich Judenhass entgegenzustellen. "'Nie wieder' war, ist und bleibt eine Aufgabe für unsere gesamte Gesellschaft", sagte Bas. In einer emotionalen Rede rief die Auschwitz-Überlebende Eva Szepesi zu mehr Menschlichkeit auf: "Es war nie wichtiger als jetzt. Denn 'Nie wieder" ist jetzt."
Bas verwies darauf, dass seit dem Hamas-Angriff auf Israel vom 7. Oktober in Deutschland über 2000 antisemitische Straftaten begangen worden seien. "Dieser Ausbruch des Antisemitismus ist eine Schande für unser Land." Sie betonte: "Judenhass ist kein Problem nur der Vergangenheit. Antisemitismus ist ein Problem der Gegenwart."
Deutschland dürfe und werde dazu nicht schweigen, sagte Bas und betonte: "Wir stehen solidarisch an der Seite der Jüdinnen und Juden. Und wir erheben unsere Stimme gegen jede Form von Judenhass!" Es sei notwendig, sich über die Verantwortung des "Nie wieder" immer wieder neu zu verständigen. "Diese Verantwortung verjährt nicht."
Die heute 91-jährige Szepesi zeigte sich besorgt, dass jüdische Kinder und Jugendliche Angst davor haben, in die Schule zu gehen, "nur weil sie Juden sind". Szepesi, deren Eltern und jüngerer Bruder von den Nazis getötet wurden, sagte: "Es schmerzt mich, wenn meine Urenkel von Polizisten mit Maschinengewehren beschützt werden müssen, nur weil sie Juden sind."
"Die Shoah begann nicht mit Auschwitz", betonte Szepesi, "sie begann mit Worten, sie begann mit Schweigen und Wegschauen der Gesellschaft". Sie wünsche sich, dass "nicht nur an Gedenktagen an die ermordeten Juden erinnert wird, sondern auch im Alltag an die lebenden. Sie brauchen jetzt Schutz."
Dass in den vergangenen Wochen hunderttausende Menschen gegen Rechtsextremismus auf die Straße gegangen sind, nannte Szepesi "großartig". Sie wünsche sich jedoch, "dass diese Demonstranten im Bekanntenkreis und am Arbeitsplatz laut widersprechen, wenn menschenfeindliche Äußerungen fallen". Wer schweigt, mache sich "mitschuldig". Auch Bas verwies auf die Proteste gegen Rechts. Die Demonstranten hätten gezeigt: "Unsere Demokratie ist vielfältig, lebendig und wehrhaft."
Szepesi war als Zwölfjährige in das Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau deportiert worden. Dort überlebte sie, weil Wärter sie bereits für tot hielten.
Nach Bas und Szepesi sprach der Sportjournalist Marcel Reif. "Nie wieder ist mitnichten ein Appell", sagte Reif. "Nie wieder muss gelebte, unverrückbare Wirklichkeit sein." Reifs Vater, ein polnischer Jude, konnte knapp der Verschleppung ins KZ entkommen. Über seine Erlebnisse sprach er nicht. Reif sagte im Bundestag, er erinnere sich aber täglich an den Satz seines Vaters: "Sei ein Mensch." Enge Familienmitglieder Reifs wurden von den Nationalsozialisten getötet.
An der Gedenkstunde nahmen auch Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier, Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD), Verfassungsgerichtspräsident Stephan Harbarth und Bundesratspräsidentin Manuela Schwesig (SPD) teil.
Die jüngst bekannt gewordenen Gespräche von Rechtsextremisten und AfD-Politikern zu Massenvertreibungen von Menschen mit Migrationshintergrund erinnerten "an die dunkelsten Zeiten der deutschen Geschichte", sagte Scholz nach der Gedenkstunde im Bundestag. Viele Bürgerinnen und Bürger, "die seit Jahrzehnten hier leben, deren Kinder hier groß geworden sind" hätten nun Angst, "ob sie gemeint sind, ob sie jetzt das Land verlassen müssen." Dem müssten sich Gesellschaft und Politik klar entgegenstellen.
In einer gemeinsamen Erklärung mahnten auch mehrere Regierungsbeauftragte die Verantwortung der heutigen Generation an. "Wir leben in einer wehrhaften Demokratie und werden alle uns zur Verfügung stehenden demokratischen Mittel nutzen, um deutlich zu machen: 'Nie wieder' bleibt für uns ein unverrückbarer Auftrag", schrieben die Bundesbeauftragten für Antidiskriminierung, gegen Antisemitismus, Antiziganismus, für Antirassismus, die Akzeptanz sexueller und geschlechtlicher Vielfalt und für Behinderte.
H.Nadeem--DT