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Die EU hat sich nach langen Verhandlungen auf einen zentralen Teil ihrer Klimaschutzagenda geeinigt: Parlament und Mitgliedstaaten beschlossen in der Nacht zum Sonntag eine Verschärfung des europäischen Emissionshandels, mit der unter anderem kostenlose Verschmutzungsrechte für die Industrie schrittweise abgeschafft und Emissionen aus der Beheizung von Gebäuden und aus dem Straßenverkehr bepreist werden. Das Bundeswirtschaftsministerium bezeichnete die Einigung als "historischen Durchbruch für den Klimaschutz".
Die Unterhändler von Parlament und Mitgliedstaaten einigten sich auf die 2021 von der EU-Kommission vorgeschlagene Reform nach rund 30-stündigen Verhandlungen, wie das EU-Parlament mitteilte. Die Reform soll dazu beitragen, die ehrgeizigen Ziele des EU-Klimaschutzplans zur Senkung der Treibhausgasemissionen zu erreichen. Zugleich sollen zusätzliche Belastungen für private Haushalte begrenzt werden.
Der 2005 geschaffene europäische Emissionshandel (ETS) betrifft derzeit rund 40 Prozent des CO2-Ausstoßes. Um die Schadstoffe emittieren zu dürfen, müssen Stromerzeuger und energieintensive Industriezweige wie Stahl- und Zementindustrie in der EU seither sogenannte Verschmutzungsrechte erwerben. Die Gesamtzahl dieser von den Staaten ausgegebenen Zertifikate sinkt im Laufe der Zeit, um den Betrieben einen Anreiz zu liefern, weniger Treibhausgas auszustoßen.
Der Emissionshandel soll nun schrittweise auf die Schifffahrt und innereuropäische Flüge ausgeweitet werden und - sofern ein Gutachten aus Brüssel hierfür grünes Licht gibt - ab 2028 auch auf große Müllverbrennungsanlagen.
Das Bundeswirtschaftsministerium nannte die Ausweitung am Sonntag einen "historischen Durchbruch für den Klimaschutz". Minister Robert Habeck (Grüne) erklärte, damit gehe die EU voran und beweise "Entschlossenheit - allen Krisen zum Trotz". Die europäische Klimapolitik setze "Maßstäbe für die Umsetzung von Klimapolitik weltweit".
CDU-Politiker Liese, der für die Reform zuständige Berichterstatter für das EU-Parlament, nannte die Einigung in einer Mitteilung "das größte Klimaschutzgesetz aller Zeiten" und einen "riesigen Beitrag für den Klimaschutz zu minimalen Preisen".
Die deutsche Nichtregierungsorganisation Germanwatch lobte die Einigung der EU als "wichtigen Schritt in eine ambitioniertere Klimapolitik", forderte aber weitere Verbesserungen. Mit der nun vorgesehenen Ausgestaltung werde der neue Emissionshandel "erst spät greifen", erklärte Oldag Caspar, Leiter des Teams Deutsche und Europäische Klimapolitik bei Germanwatch.
Die nun beschlossene Reform sieht vor, dass die betroffenen Wirtschaftszweige ihre Treibhausgasemissionen schneller als bisher vorgesehen reduzieren müssen - nämlich bis 2030 um 62 Prozent im Vergleich zu 2005. Bisher war eine Reduktion von 43 Prozent angestrebt worden.
In Ergänzung zur Mitte Dezember beschlossenen Einführung eines CO2-Grenzausgleichs wird die EU die Vergabe kostenloser Verschmutzungsrechte, die bisher der europäischen Industrie zustanden, schrittweise abschaffen. Mindestens 48,5 Prozent dieser Rechte sollen nun bis 2030 abgeschafft werden, bis 2034 sollen sie gänzlich auslaufen. Über diesen Zeitplan hatten Vertreter der EU-Mitgliedstaaten und des Parlaments heftig gestritten.
Der CO2-Grenzausgleich zielt darauf ab zu verhindern, dass für europäische Unternehmen Wettbewerbsnachteile durch Klimaschutzvorgaben entstehen - oder Unternehmen womöglich CO2-intensive Produktionen aus der EU in andere Länder verlagern, um den CO2-Preis zu umgehen.
Umstritten war auch der Vorschlag der EU-Kommission, einen zweiten Kohlenstoffmarkt (ETS2) für Gebäudeheizungen und Straßenkraftstoffe zu schaffen. Europaabgeordnete fürchteten zusätzliche Belastungen für Privathaushalte und plädierten dafür, diesen zunächst auf Bürogebäude und den Schwerlastverkehr zu beschränken.
Als Kompromiss sollen nun auch Privathaushalte ab 2027 einen CO2-Preis auf Kraftstoffe und Erdgas oder Heizöl zahlen. Dieser CO2-Preis soll bis 2030 gedeckelt werden.
Aus den Einnahmen dieses zweiten Kohlenstoffmarkts (ETS II) soll ein Klima-Sozialfonds zugunsten von Haushalten und Unternehmen finanziert werden, die besonders von hohen Energiepreisen betroffen sind. Sollte sich der derzeitige Anstieg der Energiepreise fortsetzen, wird die Einführung des ETS II um ein weiteres Jahr verschoben.
X.Wong--DT