
Goldpreis
-2.9000
Kurz vor seiner Nominierung als Präsidentschaftskandidat ist der prominente türkische Oppositionspolitiker Ekrem Imamoglu in Istanbul festgenommen worden. Der Istanbuler Bürgermeister, der als wichtigster Rivale von Präsident Recep Tayyip Erdogan gilt, sei am Mittwochmorgen nach einer Razzia in seinem Haus abgeführt worden, teilte sein Büro mit. Nach Angaben der Staatsanwaltschaft wird gegen Imamoglu wegen Vorwürfen der Korruption und Erpressung ermittelt. Imamoglus Partei CHP sprach von einem "Putschversuch".
Imamoglu berichtete in einem im Onlinedienst X geposteten Video von seiner Festnahme. Die Polizei sei mit "hunderten" Beamten angerückt und habe sein Haus gestürmt, sagte er. "Ich vertraue auf meine Nation."
Neben Imamoglu wurden im Zuge von Korruptionsvorwürfen mehr als hundert weitere Verdächtigte festgenommen, unter ihnen Mitarbeiter des Bürgermeisters, Abgeordnete und Mitglieder seiner linksnationalistischen Partei CHP. Imamoglu wird nach Angaben der Staatsanwaltschaft beschuldigt, Anführer einer "kriminellen Organisation" zu sein. Die Anschuldigungen beziehen sich offenbar auf Ermittlungen wegen des Vorwurfs der "Manipulation" von Ausschreibungen während seiner Zeit als Bezirksbürgermeister von Beylikduzu, die 2023 eingeleitet worden waren.
Die staatliche Nachrichtenagentur Anadolu berichtete außerdem von Vorwürfen des "Terrorismus" und der Unterstützung der verbotenen Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) gegen Imamoglu. Diese Ermittlungen richten sich demnach gegen insgesamt sieben Verdächtige.
Der Vorsitzende von Imamgoglus Partei CHP, Özgur Özel, verurteilte Imamoglus Festnahme als "Putschversuch gegen unseren nächsten Präsidenten". Es handele sich um einen "Putsch, um den Willen des Volkes zu behindern".
Imamoglu hatte in einem früheren Verfahren der Justiz bereits vorgeworfen, ihn durch "politisch motivierte Ermittlungen" einschüchtern zu wollen. Vor tausenden Anhängern prangerte er Ende Januar in Istanbul ein "Verschwörung" gegen ihn an.
Alle Versammlungen und Demonstrationen wurden nun vom Istanbuler Gouverneur bis Sonntag verboten. Dennoch versammelten sich nach Imamoglus Festnahme rund hundert Menschen vor dem mit Zäunen abgesicherten Hauptquartier der Polizei in Istanbul und forderten den Rücktritt der Regierung, wie ein AFP-Korrespondent berichtete. Der Taksim-Platz im Zentrum Istanbuls war ebenfalls abgesperrt.
Nach Imamgoglus Festnahme wurde der Handel an der Börse in Istanbul am Mittwochmorgen zeitweise ausgesetzt. Der Leitindex war zuvor um fast sieben Prozent abgestürzt. Der Wert der türkischen Lira brach ebenfalls ein. Der Wechselkurs stieg auf 40 Lira für einen Dollar und 42 Lira für einen Euro. Zwischenzeitlich hatte er mit 44,7 Lira pro Euro den schwächsten Kurs jemals erreicht.
Am Dienstag hatte die Universität Istanbul den an der Hochschule erworbenen Abschluss Imamoglus aberkannt. Der Oppositionspolitiker könnte damit von einer Kandidatur bei der nächsten Präsidentschaftswahl ausgeschlossen werden, für die ein Hochschuldiplom eine der Voraussetzungen ist. Erdogan war von politischen Gegnern ebenfalls schon vor längerer Zeit vorgeworfen worden, es habe sein Uni-Diplom gefälscht, was der konservativ-islamische Präsident zurückweist.
Auf Imamoglus Recht, das Bürgermeistermandat auszuüben, hat die Aberkennung des Abschlusses keine Konsequenzen. Der Politiker der sozialdemokratischen CHP war im März 2024 als Stadtoberhaupt wiedergewählt worden.
Imamoglu gilt zusammen mit dem CHP-Bürgermeister von Ankara, Mansur Yavas, als mächtigster Rivale Erdogans. Seine Partei hatte angekündigt, Imamoglu am Sonntag offiziell zum Präsidentschaftskandidaten für die Wahl 2028 zu nominieren. Er war ebenfalls als Kandidat für die Präsidentschaftswahl 2023 gehandelt worden - bis ein Gerichtsurteil ihm Steine in den Weg gelegt hatte.
Imamoglu muss sich derzeit auch wegen "Beleidigung und Bedrohung eines Beamten" vor Gericht verantworten. Ihm wird vorgeworfen, den Istanbuler Staatsanwalt und einen Gerichtsexperten beleidigt zu haben. Anfang Februar hatte Imamoglu in dem Zusammenhang vor tausenden Anhängern "Schikane durch die Justiz auf höchster Ebene" angeprangert. Er wies alle Vorwürfe zurück und betonte, lediglich sein Recht auf freie Meinungsäußerung ausgeübt zu haben.
I.Khan--DT