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Der Prozess um die Veruntreuung von EU-Geldern könnte die Präsidentschaftsambitionen der französischen Rechtspopulistin Marine Le Pen frühzeitig beenden: Die Staatsanwaltschaft forderte für die Fraktionschefin des Rassemblement National (RN) am Mittwochabend in Paris neben einer mehrjährigen Hafstrafe auch einen fünfjährigen Entzug des passiven Wahlrechts. Die Rechtspopulisten reagierten mit heftigem Protest.
Der Entzug des passiven Wahlrechts verböte es den Angeklagten, bei lokalen oder nationalen Wahlen zu kandidieren, betonte Staatsanwalt Nicolas Barret. Überraschend forderte die Staatsanwaltschaft, dass der Wahlrechtsentzug sofort gelten solle - also auch für den Fall, dass Le Pen in Berufung geht. Eine Haftstrafe hingegen wird grundsätzlich aufgeschoben, wenn es ein Berufungsverfahren gibt. Zudem soll Le Pen nach dem Willen der Staatsanwaltschaft zu fünf Jahren Haft, davon drei Jahre auf Bewährung, und einer Geldstrafe in Höhe von 300.000 Euro verurteilt werden.
Le Pen warf der Staatsanwaltschaft vor, politische Ziele zu verfolgen. "Das einzige, was sie interessiert, ist Marine Le Pen vom politischen Leben auszuschließen (...) und die Partei zu ruinieren", erklärte die Hauptangeklagte nach dem Plädoyer der Staatsanwaltschaft. Sie warf der Staatsanwaltschaft vor, "den Franzosen die Möglichkeit zu nehmen, diejenigen zu wählen, die sie wählen wollen".
Le Pen war in Frankreich bereits dreimal als Präsidentschaftskandidatin angetreten und bezeichnet sich als "natürliche Kandidatin" ihrer Partei für die nächste Präsidentschaftswahl im Jahr 2027.
Gegen weitere in dem Prozess angeklagte RN-Mitglieder forderte die Staatsanwaltschaft unterschiedlich hohe Haftstrafen und ebenfalls den Entzug des passiven Wahlrechts. Die Partei soll dem EU-Parlament zudem zwei Millionen Euro zurückzahlen.
RN-Parteichef Jordan Bardella warf der Staatsanwaltschaft einen "Racheakt" gegen Le Pen und einen "Angriff auf die Demokratie" vor. "Die Forderungen laufen darauf hinaus, Millionen Franzosen ihrer Stimme zu berauben", schrieb er im Onlinedienst X. Zahlreiche Parteifreunde veröffentlichten Fotos von sich mit Le Pen und dem Hashtag "Ich unterstützte Marine".
Auch der konservative frühere Innenminister Gérald Darmanin kritisierte die Forderung der Staatsanwaltschaft indirekt als politisch motiviert: "Marine Le Pen muss an den Wahlurnen besiegt werden, nicht anderswo". Diese Äußerung wiederum löste Kritik der linken Opposition aus.
Le Pen selbst hatte vor einigen Tagen einen Plan B erkennen lassen. "Ich sehe schon, dass manche sich darauf freuen, mich loszuwerden", sagte sie bei der Vorstellung eines programmatischen Buchs von Bardella. "Aber es gibt eine schlechte Nachricht: Selbst wenn sie es schaffen, dann gibt es immer noch Jordan Bardella."
In dem seit sechs Wochen dauernden Prozess geht es um die mutmaßliche Scheinbeschäftigung von Assistenten im Europaparlament. Mit einem Urteil wird Anfang 2025 gerechnet.
Die Staatsanwalt wirft Le Pen ein "organisiertes System" zugunsten ihrer Partei Rassemblement National (RN, früher Front National) vor. "Die Partei war finanziell in einer schwierigen Lage und hat alles genutzt, was möglich war, legal oder nicht legal", betonte Staatsanwältin Louise Neyton. Das EU-Parlament sei die "Milchkuh" der Partei gewesen.
Neben Le Pen sind auch ihre Partei sowie frühere und aktuelle EU-Parlamentarier und deren Assistenten angeklagt. Le Pen hatte im Prozess immer wieder ihre Unschuld beteuert. Sie verwies darauf, dass die Assistenten nicht für einzelne EU-Abgeordnete, sondern für die gesamte Gruppe gearbeitet hätten. Die Staatsanwaltschaft wirft ihr hingegen vor, die Assistenten-Gehälter systematisch zur Sanierung der Parteifinanzen genutzt zu haben.
I.Menon--DT